Die Banane, der Sturz und was Hersteller daraus für das Risikomanagement von Medizinprodukten lernen können
21.06.2023Sie haben Fragen zum Beitrag oder möchten mehr über unsere Leistungen erfahren? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!Jetzt unverbindlich anfragen
Was hat das Risikomanagement von Medizinprodukten mit Bananen zu tun? Das erfahren Sie in diesem Beitrag zur Gefährdungsanalyse nach ISO 14971. Darin geht es u. a. darum, wie Hersteller von Medizinprodukten Missverständnisse im Rahmen ihrer Technischen Dokumentation vermeiden können – insbesondere mit Blick auf die Einschätzung von indirekten Schäden durch In-vitro-Diagnostika (IVD). Hersteller von Medizinprodukten/In-vitro-Diagnostika (IVD) müssen gewährleisten können, dass ihre Produkte die von ihnen angegebene Leistung erbringen und sicher sind – das heißt, frei von unvertretbaren Risiken. Diese Anforderungen stellen zum einen die EU-Medizinproduktverordnung (Medical Device Regulation (EU) 2017/745, MDR) bzw. die EU-Verordnung über In-vitro-Diagnostika (In vitro Diagnostic Medical Device Regulation (EU) 2017/746; IVDR) und zum anderen die ISO 13485 und diverse internationale Verordnungen. Die ISO 14971 "Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte" unterstützt europäische Hersteller dabei dieses Ziel zu erreichen und einen MDR/IVDR-konformen Risikomanagementprozess aufzusetzen. Wir stellen allerdings immer wieder fest, dass es zu Missverständnissen bei den Begrifflichkeiten aus der ISO 14971 kommt und z. B. Gefährdungssituationen und die vorhersehbare Abfolge an Ereignissen nicht ausreichend beschrieben werden. Mit diesem Beitrag bringen wir Licht ins Dunkel. Zusätzlich heben wir auch die Besonderheiten bei den In-vitro-Diagnostika (IVD) hervor, da hier der Schaden nicht immer direkt durch das Produkt verursacht wird. Sie fragen sich vielleicht, was ISO-Normen und EU-Richtlinien mit der eingangs genannten Banane zu tun haben? Eine ganze Menge!
Bevor wir uns mit der Banane auseinandersetzen, rufen wir uns zuerst die verwendeten Begrifflichkeiten aus der ISO 14971 in Erinnerung. Demnach kann eine Gefährdungsanalyse aus den folgenden vier Punkten bestehen:
Dabei beschreibt die "Gefährdung" die potenzielle Schadensquelle. Hierzu befindet sich in Anhang C der ISO 14971 (Tabelle C.1) eine Liste mit Beispielen. So können z. B. Gefährdungen wie 1. elektrische Spannung, 2. biologische Verunreinigungen durch Bakterien oder 3. das Vorhandensein von Bildartefakten die Schadensquelle dafür sein, dass jemand 1. einen elektrischen Schlag erleidet und sich vielleicht verbrennt, 2. sich mit Bakterien infiziert oder 3. die Auswirkungen einer falschen Therapie erleidet oder ein aufwändiges Bildgebungsverfahren wiederholt werden muss (Tab. 1). Damit ist bereits der Begriff des "Schadens" erklärt, der als "Verletzung oder Schädigung der Gesundheit von Menschen" oder "Schädigung von Gütern oder der Umwelt" definiert wird. Bleiben noch die Punkte "Gefährdungssituation" und die "vernünftigerweise vorhersehbare Abfolge von Ereignissen":
Tab. 1: Beispielszenarien für Gefährdung, Gefährdungssituation und Schaden gemäß ISO 14971
Bringen wir nun die Banane ins Spiel, die schon so manche Köpfe zum Rauchen brachte:Stellen Sie sich vor, Sie spazieren an einem Samstag nach einem Regenschauer durch eine schöne Altstadt. Sie betrachten die kunstvollen Fassaden und achten nicht darauf, wohin Ihre Füße Sie tragen. Daher bemerken Sie nicht, dass Sie auf eine Bananenschale treten, die jemand unachtsam auf den Boden geworfen hat. Sie rutschen aus und stürzen. Beim Versuch, den Sturz abzufangen, fallen Sie auf Ihre Hände, wobei Sie sich unglücklicherweise das rechte Handgelenk brechen. Und jetzt die Gretchenfrage: Was sind in diesem Szenario die eigentliche Gefährdung, die vorhersehbare Abfolge von Ereignissen, die Gefährdungssituation und der Schaden? Bei diesem Beispiel liegt ein häufiger Denkfehler nahe: So wird die Bananenschale sofort als Schuldige identifiziert und damit als "Gefährdung" definiert. Die "vorhersehbare Abfolge von Ereignissen" setzt sich folglich zusammen aus dem achtlosen Wegwerfen der Bananenschale, und dass Sie darauf getreten sind. Die "Gefährdungssituation" ergibt sich durch das Ausrutschen und der "Schaden" ist die Fraktur des Handgelenks. Allerdings ist die Sachlage nicht ganz so einfach - sonst gäbe es nicht dieses "verflixte" Problem mit der Banane. Das Problem beginnt bereits mit der Identifizierung der Gefährdung. Selbstverständlich ist die Banane in diesem Fall die Übeltäterin, die in der Abfolge von Ereignissen die Schlüsselrolle spielt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um die Schadensquelle, die dazu führt, dass jemand stürzt und sich das Handgelenk bricht. Die wahre Übeltäterin hat 1665 ein Physiker bei einem Vorfall mit einer anderen Obstsorte entdeckt: Die Gravitation der Erde ist die eigentliche Gefährdung, da sie uns unerbittlich Richtung Boden zieht. Sie ist die eigentliche Ursache, dass wir stürzen und uns die Handgelenke brechen können. Ausgehend davon können wir jetzt auch die korrekte Gefährdungssituation identifizieren. Sie besteht nämlich nicht im Ausrutschen auf der Bananenschale, sondern im Sturz auf unsere Hände. Denn erst der Sturz auf unsere Hände kann dazu führen, dass wir uns das Handgelenk brechen. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Dass Sie auf Ihre Hände stürzen, bedeutet natürlich nicht zwingend, dass Sie sich auch ein Handgelenk brechen werden. Es können auch weniger tragische Schäden auftreten oder es kann sogar überhaupt nichts passieren. Daher stellt sich die Frage, welche Schäden betrachtet werden müssen. Muss man immer vom Worst Case ausgehen? Nein, das müssen Sie natürlich nicht. Die Schadensbetrachtung muss Sinn ergeben und sich im Rahmen der Anwendung bewegen. Seien Sie aber mit Ihrer Schadensbetrachtung nicht zu sparsam. Stellt sich über Ihr PMS-System ein Schaden heraus, den Sie in Ihrer bisherigen Gefährdungsanalyse noch nicht betrachtet hatten, müssen Sie diese aktualisieren und den neuen Schaden mit aufnehmen.Zurück zu unserem Bananen-Problem: Alles, was vor dem Sturz auf die Hände passiert ist, gehört selbstverständlich zur vorhersehbaren Abfolge von Ereignissen. Auch der Regen könnte wichtig sein, falls er für einen hinreichenden Rutscheffekt erforderlich ist. Bei der Beschreibung der vorhersehbaren Abfolge von Ereignissen empfiehlt es sich, sich nicht zu kurz fassen. Genau hier finden sich die Ansatzpunkte, an denen Sie als Hersteller mit Ihren Risikobeherrschungsmaßnahmen eingreifen können, um das Risiko zu minimieren. Bedenken Sie auch, dass eine vorhersehbare Abfolge von Ereignissen zu mehreren Gefährdungssituationen führen kann. Die Banane könnte zusätzlich schimmeln und giftige Pilzsporen freisetzen. Unser Gedankenexperiment endet schließlich mit dem Schaden: der Fraktur des Handgelenks.
Bei In-vitro-Diagnostika (IVD) treten im Vergleich zu Medizinprodukten zusätzliche Gefährdungen auf. Hier liefert der Anhang H der ISO/TR 24971 hilfreiche Beispiele, welche potenziellen Gefährdungen auftreten können, und ergänzt damit Tabelle C.1 der ISO 14971. U. a. sind falsche Therapieergebnisse IVD-typische potenzielle Schadensquellen. So trifft sehr häufig ein Arzt eine Therapieentscheidung für einen Patienten aufgrund eines Laborergebnisses. Hierbei sind zwei Schadensszenarien denkbar:
In beiden Fällen erhält der Mediziner die Informationen oft vom faktischen Anwender des In-vitro-Diagnostikums (IVD), der z. B. in einem medizinischen Labor arbeitet. D. h., dass jegliche Hinweise, die Sie in die Begleitdokumentation aufgenommen haben, wahrscheinlich nicht beim Mediziner ankommen werden, sondern nur die Anwender im Labor erreichen. Deshalb ist eine Risikobeherrschungsmaßnahme nicht zwingend risikomindernd, wenn sie lediglich darin besteht, den Mediziner in der Begleitdokumentation darauf hinzuweisen, dass er nicht allein das Testergebnis zur Diagnose verwenden darf. Erst eine Verifizierung durch eine Gebrauchstauglichkeitsstudie kann bestätigen, dass dieser Hinweis risikomindernd wirkt. Hersteller von In-vitro-Diagnostika (IVD) müssen sich daher bewusst sein, welche Auswirkungen falsche Therapieentscheidungen auf Grundlage ihrer Testergebnisse auf die Patienten haben könnten. Da die Beurteilung der möglichen Schäden anspruchsvoll ist, sollten Fachexpert*innen hinzugezogen werden. An dieser Stelle zeigt sich die enge Schnittstelle zur Leistungsbewertung, bei der der "State of the Art" und der Nutzen des Produkts diskutiert werden. Sie liefert damit die Grundlage für die Nutzen-Risiko-Bewertung im Risikomanagement.
Ihre Risikomanagementakte ist ein Kerndokument in Ihrer Technischen Dokumentation. Sie wird über den gesamten Produktlebenszyklus aktualisiert und dient als Grundlage für richtungsweisende Entscheidungen. Umso wichtiger ist es, dass die Gefährdungen, die vorhersehbare Abfolge an Ereignissen, die Gefährdungssituation in der Risikoanalyse präzise definiert sind, da darauf die Risikobeherrschungsmaßnahmen aufbauen. Das Risikomanagement von In-vitro-Diagnostika (IVD) gestaltet sich dabei noch komplexer, da Patienten auch indirekt durch eine falsche Therapie geschädigt werden können. Hersteller müssen sich daher sorgfältig überlegen, welche Folgen eine Fehlbehandlung auf Grundlage eines falschen Ergebnisses für die Patienten haben könnten. Die Abschätzung indirekter Schäden ist nicht immer einfach. Daher ist es wichtig, Expert*innen hinzuzuziehen, um den potenziellen Schaden ausreichend zu erfassen.Haben Sie jetzt Lust auf eine Banane bekommen? Wir wünschen guten Appetit – und empfehlen, die Bananenschale gemäß den örtlichen Regulierungsvorschriften zu entsorgen, um Schlimmeres zu verhindern. Bananen haben wir nicht auf Lager, dafür bieten wir Ihnen gern unsere Unterstützung an, wenn es um die Erstellung einer konformen Risikomanagementakte geht. Unser Team bespricht mit Ihnen Ihre Fragen rund um das Risikomanagement und die Technische Dokumentation für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika (IVD). Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme für ein unverbindliches und kostenfreies Erstgespräch.Beste Grüße
Björn-Carsten Schüre
1 Definition von Begrifflichkeiten des Risikomanagements
Bevor wir uns mit der Banane auseinandersetzen, rufen wir uns zuerst die verwendeten Begrifflichkeiten aus der ISO 14971 in Erinnerung. Demnach kann eine Gefährdungsanalyse aus den folgenden vier Punkten bestehen:
- Gefährdung,
- vernünftigerweise vorhersehbare Abfolge von Ereignissen,
- Gefährdungssituation und
- Schaden.
Dabei beschreibt die "Gefährdung" die potenzielle Schadensquelle. Hierzu befindet sich in Anhang C der ISO 14971 (Tabelle C.1) eine Liste mit Beispielen. So können z. B. Gefährdungen wie 1. elektrische Spannung, 2. biologische Verunreinigungen durch Bakterien oder 3. das Vorhandensein von Bildartefakten die Schadensquelle dafür sein, dass jemand 1. einen elektrischen Schlag erleidet und sich vielleicht verbrennt, 2. sich mit Bakterien infiziert oder 3. die Auswirkungen einer falschen Therapie erleidet oder ein aufwändiges Bildgebungsverfahren wiederholt werden muss (Tab. 1). Damit ist bereits der Begriff des "Schadens" erklärt, der als "Verletzung oder Schädigung der Gesundheit von Menschen" oder "Schädigung von Gütern oder der Umwelt" definiert wird. Bleiben noch die Punkte "Gefährdungssituation" und die "vernünftigerweise vorhersehbare Abfolge von Ereignissen":
- Letztere beschreibt eine Kombination von Ereignissen, die in Zusammenhang mit einer Gefährdung stehen, und die in einer oder mehreren Gefährdungssituationen resultieren.
- Eine "Gefährdungssituation" ist der Umstand, unter denen Menschen, Güter oder Umwelt einer oder mehreren Gefährdungen ausgesetzt sind. Es handelt sich daher um das letzte Ereignis, welches eintreten muss, damit durch die Gefährdung ein Schaden auftreten kann: 1. Jemand fasst ein Gehäuse an, auf dem eine elektrische Spannung liegt, 2. Jemandem wird ein nicht steriles Implantat implantiert oder 3. Jemand wird auf Grund einer Fehldiagnose falsch therapiert (Tab. 1).
Tab. 1: Beispielszenarien für Gefährdung, Gefährdungssituation und Schaden gemäß ISO 14971
2 Auftritt: die Banane
Bringen wir nun die Banane ins Spiel, die schon so manche Köpfe zum Rauchen brachte:Stellen Sie sich vor, Sie spazieren an einem Samstag nach einem Regenschauer durch eine schöne Altstadt. Sie betrachten die kunstvollen Fassaden und achten nicht darauf, wohin Ihre Füße Sie tragen. Daher bemerken Sie nicht, dass Sie auf eine Bananenschale treten, die jemand unachtsam auf den Boden geworfen hat. Sie rutschen aus und stürzen. Beim Versuch, den Sturz abzufangen, fallen Sie auf Ihre Hände, wobei Sie sich unglücklicherweise das rechte Handgelenk brechen. Und jetzt die Gretchenfrage: Was sind in diesem Szenario die eigentliche Gefährdung, die vorhersehbare Abfolge von Ereignissen, die Gefährdungssituation und der Schaden? Bei diesem Beispiel liegt ein häufiger Denkfehler nahe: So wird die Bananenschale sofort als Schuldige identifiziert und damit als "Gefährdung" definiert. Die "vorhersehbare Abfolge von Ereignissen" setzt sich folglich zusammen aus dem achtlosen Wegwerfen der Bananenschale, und dass Sie darauf getreten sind. Die "Gefährdungssituation" ergibt sich durch das Ausrutschen und der "Schaden" ist die Fraktur des Handgelenks. Allerdings ist die Sachlage nicht ganz so einfach - sonst gäbe es nicht dieses "verflixte" Problem mit der Banane. Das Problem beginnt bereits mit der Identifizierung der Gefährdung. Selbstverständlich ist die Banane in diesem Fall die Übeltäterin, die in der Abfolge von Ereignissen die Schlüsselrolle spielt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um die Schadensquelle, die dazu führt, dass jemand stürzt und sich das Handgelenk bricht. Die wahre Übeltäterin hat 1665 ein Physiker bei einem Vorfall mit einer anderen Obstsorte entdeckt: Die Gravitation der Erde ist die eigentliche Gefährdung, da sie uns unerbittlich Richtung Boden zieht. Sie ist die eigentliche Ursache, dass wir stürzen und uns die Handgelenke brechen können. Ausgehend davon können wir jetzt auch die korrekte Gefährdungssituation identifizieren. Sie besteht nämlich nicht im Ausrutschen auf der Bananenschale, sondern im Sturz auf unsere Hände. Denn erst der Sturz auf unsere Hände kann dazu führen, dass wir uns das Handgelenk brechen. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Dass Sie auf Ihre Hände stürzen, bedeutet natürlich nicht zwingend, dass Sie sich auch ein Handgelenk brechen werden. Es können auch weniger tragische Schäden auftreten oder es kann sogar überhaupt nichts passieren. Daher stellt sich die Frage, welche Schäden betrachtet werden müssen. Muss man immer vom Worst Case ausgehen? Nein, das müssen Sie natürlich nicht. Die Schadensbetrachtung muss Sinn ergeben und sich im Rahmen der Anwendung bewegen. Seien Sie aber mit Ihrer Schadensbetrachtung nicht zu sparsam. Stellt sich über Ihr PMS-System ein Schaden heraus, den Sie in Ihrer bisherigen Gefährdungsanalyse noch nicht betrachtet hatten, müssen Sie diese aktualisieren und den neuen Schaden mit aufnehmen.Zurück zu unserem Bananen-Problem: Alles, was vor dem Sturz auf die Hände passiert ist, gehört selbstverständlich zur vorhersehbaren Abfolge von Ereignissen. Auch der Regen könnte wichtig sein, falls er für einen hinreichenden Rutscheffekt erforderlich ist. Bei der Beschreibung der vorhersehbaren Abfolge von Ereignissen empfiehlt es sich, sich nicht zu kurz fassen. Genau hier finden sich die Ansatzpunkte, an denen Sie als Hersteller mit Ihren Risikobeherrschungsmaßnahmen eingreifen können, um das Risiko zu minimieren. Bedenken Sie auch, dass eine vorhersehbare Abfolge von Ereignissen zu mehreren Gefährdungssituationen führen kann. Die Banane könnte zusätzlich schimmeln und giftige Pilzsporen freisetzen. Unser Gedankenexperiment endet schließlich mit dem Schaden: der Fraktur des Handgelenks.
3 In-vitro-Diagnostika (IVD) – der indirekte Schaden
Bei In-vitro-Diagnostika (IVD) treten im Vergleich zu Medizinprodukten zusätzliche Gefährdungen auf. Hier liefert der Anhang H der ISO/TR 24971 hilfreiche Beispiele, welche potenziellen Gefährdungen auftreten können, und ergänzt damit Tabelle C.1 der ISO 14971. U. a. sind falsche Therapieergebnisse IVD-typische potenzielle Schadensquellen. So trifft sehr häufig ein Arzt eine Therapieentscheidung für einen Patienten aufgrund eines Laborergebnisses. Hierbei sind zwei Schadensszenarien denkbar:
- Der Test war falsch-positiv: Möglicherweise unterzieht sich der Patient deshalb einer schmerzvollen und unnötigen Therapie.
- Der Test war falsch-negativ: Unter Umständen kann sich der Zustand des Patienten verschlechtern, weil er aufgrund des Ergebnisses nicht behandelt wird.
In beiden Fällen erhält der Mediziner die Informationen oft vom faktischen Anwender des In-vitro-Diagnostikums (IVD), der z. B. in einem medizinischen Labor arbeitet. D. h., dass jegliche Hinweise, die Sie in die Begleitdokumentation aufgenommen haben, wahrscheinlich nicht beim Mediziner ankommen werden, sondern nur die Anwender im Labor erreichen. Deshalb ist eine Risikobeherrschungsmaßnahme nicht zwingend risikomindernd, wenn sie lediglich darin besteht, den Mediziner in der Begleitdokumentation darauf hinzuweisen, dass er nicht allein das Testergebnis zur Diagnose verwenden darf. Erst eine Verifizierung durch eine Gebrauchstauglichkeitsstudie kann bestätigen, dass dieser Hinweis risikomindernd wirkt. Hersteller von In-vitro-Diagnostika (IVD) müssen sich daher bewusst sein, welche Auswirkungen falsche Therapieentscheidungen auf Grundlage ihrer Testergebnisse auf die Patienten haben könnten. Da die Beurteilung der möglichen Schäden anspruchsvoll ist, sollten Fachexpert*innen hinzugezogen werden. An dieser Stelle zeigt sich die enge Schnittstelle zur Leistungsbewertung, bei der der "State of the Art" und der Nutzen des Produkts diskutiert werden. Sie liefert damit die Grundlage für die Nutzen-Risiko-Bewertung im Risikomanagement.
4 Fazit
Ihre Risikomanagementakte ist ein Kerndokument in Ihrer Technischen Dokumentation. Sie wird über den gesamten Produktlebenszyklus aktualisiert und dient als Grundlage für richtungsweisende Entscheidungen. Umso wichtiger ist es, dass die Gefährdungen, die vorhersehbare Abfolge an Ereignissen, die Gefährdungssituation in der Risikoanalyse präzise definiert sind, da darauf die Risikobeherrschungsmaßnahmen aufbauen. Das Risikomanagement von In-vitro-Diagnostika (IVD) gestaltet sich dabei noch komplexer, da Patienten auch indirekt durch eine falsche Therapie geschädigt werden können. Hersteller müssen sich daher sorgfältig überlegen, welche Folgen eine Fehlbehandlung auf Grundlage eines falschen Ergebnisses für die Patienten haben könnten. Die Abschätzung indirekter Schäden ist nicht immer einfach. Daher ist es wichtig, Expert*innen hinzuzuziehen, um den potenziellen Schaden ausreichend zu erfassen.Haben Sie jetzt Lust auf eine Banane bekommen? Wir wünschen guten Appetit – und empfehlen, die Bananenschale gemäß den örtlichen Regulierungsvorschriften zu entsorgen, um Schlimmeres zu verhindern. Bananen haben wir nicht auf Lager, dafür bieten wir Ihnen gern unsere Unterstützung an, wenn es um die Erstellung einer konformen Risikomanagementakte geht. Unser Team bespricht mit Ihnen Ihre Fragen rund um das Risikomanagement und die Technische Dokumentation für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika (IVD). Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme für ein unverbindliches und kostenfreies Erstgespräch.Beste Grüße
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