Cyclosiloxane in Medizinprodukten – Grund zur Panik?

22.10.2024
Textbild "Cyclosiloxane in Medizinprodukten - Grund zur Panik?" - Metecon GmbH
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Cyclosiloxane sind chemische Verbindungen, die häufig in Medizinprodukten und In-vitro Diagnostika (IVD) eingesetzt werden. Ähnlich wie Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) stehen Sie aufgrund ihrer beständigen und bioakkumulativen Eigenschaften seit Jahren im Fokus der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Anders als PFAS sind sie jedoch bisher nicht so stark im Fokus der Hersteller, obwohl EU-Regulierungen die Verwendung dieser Stoffe bereits ab 2026 beschränken. Gibt es nun einen Grund zur Panik? Wir gehen im Folgenden auf die wichtigsten Fakten ein und erklären, worauf Sie achten müssen.

Was sind Cyclosiloxane?

Octamethylcyclotetrasiloxan (D4), Decamethylcyclopentasiloxan (D5) und Dodecamethylcyclohexasiloxan (D6): Diese drei Substanzen stehen für die Gruppe der Cyclosiloxane, welche hauptsächlich als Weichmacher, Lösemittel, Feuchthaltemittel, Prozesshilfsmittel, Schmierstoffe, Trennmittel und Antischaummittel verwendet werden. Bei zyklischen Siloxanen handelt es sich um leicht volatile, ringförmige organische Verbindungen aus Silicium- und Sauerstoffatomen. Zusätzlich sind an das Siliziumatom zwei weitere Methylgruppen gebunden.

Die zyklischen Siloxane sind vor allem Ausgangsprodukte für Silikonpolymere und wurden oft in Kosmetika und Körperpflegeprodukten verwendet. In Medizinprodukten und IVDs werden D4, D5 und D6 unter anderem als Beschichtungen für subkutane Nadeln, in Hydrogelen für Kontaktlinsen, Insulin-Pumpen und in Prothesen verwendet.

Die regulatorische Geschichte

Im Juni 2018 einigte sich das ECHA "Member State Committee" (MSC) darauf, D4, D5 und D6 als SVHC (Substance of Very High Concern) einzustufen, da diese sehr beständig und bioakkumulativ (vPvB = very persistent and very bioaccumulative) sind. Diese Substanzen sind also sehr langlebig in der Umwelt und reichern sich zudem in Lebewesen an. Des Weiteren wurde der Entschluss gefasst, dass D4 ebenfalls als beständige, bioakkumulative und toxische Substanz (PBT = persistent, bioaccumulative and toxic) eingestuft werden sollte. Ebenfalls wurde festgelegt, dass D5 und D6, wenn diese mehr als 0,1 Gew.-% D4 enthalten, ebenfalls als PBT-Substanzen zu bewerten sind. Bereits im Januar 2018 nahm die Kommission die Verordnung (EU) 2018/35 an, wodurch das Inverkehrbringen von D4 und D5 in abwaschbaren kosmetischen Mitteln beschränkt wurde.

2020 verabschiedete der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC) seine Stellungnahme, in der die Beschränkung der Freisetzung von D4, D5 und D6 unterstützt wurde, um deren Emissionen in die Umwelt zu verringern.

2021 empfahl die ECHA der Europäischen Kommission, die zyklischen Siloxane zur Kandidatenliste hinzuzufügen, und 2022 wurde D4 sogar unter den CLP-Regularien aufgeführt.

2024 wurde schließlich die Verordnung (EU) 2024/1328 veröffentlich und unter anderem die Verwendung und Inverkehrbringung der zyklischen Siloxane beschränkt. Diese Beschränkung tritt ab dem 06. Juni 2026 in Kraft. Dadurch dürfen D4, D5 und D6 nicht mehr als Stoff, Bestandteil anderer Stoffe oder in Gemischen in einer Konzentration von 0,1 Gew.-% oder mehr in Verkehr gebracht werden.

Welche Übergangsfristen gelten? Gibt es Ausnahmen?

Einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben ihre Bedenken bezüglich des kurzen Übergangszeitraums für Medizinprodukte geäußert. Eine Suche nach alternativen Materialien, inklusive eines Qualifizierungsprozesses und der Beantragung der Registrierung eines neu konzipierten Gemischs gemäß der Medical Device Regulation (Verordnung (EU) 2017/745 (MDR)) ist innerhalb von 2 Jahren nur schwer durchzuführen. Stattdessen wurde ein 7-jähriger Übergangszeitraum (bis zum 06.06.2031) definiert, in dem die zyklischen Siloxane noch verwendet werden dürfen. Dasselbe gilt für IVDs.

Es gibt allerdings auch einige Ausnahmen, bei denen D4, D5 und D6 weiterhin für Medizinprodukte verwendet werden darf:
  • Verwendung von D5 und D6 in Medizinprodukten zur Behandlung und Pflege von Narben und Wunden, zur Vermeidung von Wunden und zur Versorgung von Stomata
  • Verwendung von D4, D5 und D6 als Laborreagenz bei Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten unter kontrollierten Bedingungen
  • Verwendung von D4, D5 und D6 in einer Konzentration ≤ 0,2 Gew.-% des jeweiligen Stoffes im Gemisch, zur Verwendung als Medizinprodukt oder In-vitro Diagnostikum (außer In vitro Diagnostic Medical Device Regulation (Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) Absatz 6 Buchstabe d)
  • D5 in einer Konzentration ≤ 0,3 Gew.-% im Gemisch oder D6 in einer Konzentration ≤ 1 Gew.-% zur Verwendung als Produkte im Sinne des Artikel 1 Absatz 4 der MDR für zahnärztliche Abdruckzwecke.

Mein Produkt enthält zyklische Siloxane. Grund zur Panik?

Wenn Ihre Medizinprodukte die zyklischen Siloxane D4, D5 und D6 enthält, ist dies noch kein Grund, direkt in Panik zu verfallen. Wie oben beschrieben, gibt es Ausnahmeregeln und Übergangsfristen, in denen Sie als Hersteller noch reagieren können. Sollte keine der Ausnahmeregeln auf Ihre Produkte zutreffen, bleibt Ihnen allerdings keine andere Option, als sich nach einer Materialalternative umzusehen.

Ansonsten dürfen zyklische Siloxane in Ihren Produkten in Konzentrationen von bis zu ≤ 0,2 Gew.-% enthalten sein. Wir empfehlen eine Toxikologische Risikobewertung (TRA) der zyklischen Siloxane spezifisch für Ihr Medizinprodukt durchzuführen und mindestens mittels einer chemischen Charakterisierung zu überprüfen, ob sich D4, D5 und/oder D6 ausdem Medizinprodukt herauslösen lassen.

Gerne unterstützen wir Sie bei einer solchen Risikobewertung sowie als Studienkoordinator von biologischen Prüfungen und bei der Erstellung eines Plans und Berichts zur biologischen Bewertung. Wenden Sie sich bei Fragen gerne direkt an den Autor dieses Beitrag oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
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Björn-Carsten Schüre
Björn-Carsten Schüre
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