V+V endlich klar definiert – und wie uns Kaffee dabei hilft

15.02.2022
Textbild von Verifikation und Validierung: Endlich klar definiert - Metecon GmbH
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Wie angekündigt wird Wilfried Babelotzky, Head of Verification, in seinen Beiträgen 2022 zeigen, wie Sie den maximalen Nutzen aus Verifikation und Validierung ziehen können: indem Sie sie zur Erreichung Ihrer Unternehmensziele einsetzen. Heute schafft er ein gemeinsames Verständnis als Voraussetzung für die nächsten Folgen: Was bedeuten Verifikation und Validierung? Und warum fällt es oft nicht leicht, die beiden Begrifflichkeiten klar zu trennen?

Eine kurze Wiederholung aus dem Artikel V+V - Quick Tips 2022:

So lässt sich die Bedeutung von Verifikation und Validierung messen


Verifikation und Validierung (V&V) gehören zu den wichtigsten Instrumenten von Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung. Qualität ist hierbei der Grad der Erfüllung von Anforderungen im Sinne von Vorgaben, Erwartungen und Vereinbarungen, extern wie intern.

Welche Bedeutung haben also Verifikation und Validierung für Sie als Hersteller von Medizinprodukten? Dazu untersuchen wir die Nennungen der Begriffe in den wichtigsten Regelwerken: Wie häufig ein Begriff genannt wird, gibt Aufschluss darüber, welchen Stellenwert er hat und damit auch einen Hinweis darauf, auf welche Inhalte die Regelwerke besondere Schwerpunkte legen.


Tabelle 1: Häufigkeit von Begriffen

Entsprechend des "New Approach" verwundert es nicht, dass der Schwerpunkt der Medizinprodukte-Verordnung (EU) 2017/745 auf dem Umgang mit Risiken liegt. Ebenso ist Qualität der Schwerpunkt der Norm für Qualitätsmanagementsysteme (DIN EN ISO 13485:2016). Beide Werke legen auch ein deutliches Gewicht auf die Validierung von Medizinprodukten und insbesondere die DIN EN ISO 13485: 2016 auch auf das Thema der Verifizierung.

Zusammengefasst kommen Verifikation und Validierung (V&V) auf 167 Nennungen. Damit wird klar, dass V&V in der Medizintechnik stark im Kontext regulatorischer und normativer Forderungen vernetzt sind; ohne eine intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Nennungen kann ganz sicher keine in der EU zertifizierungs- oder zulassungsfähige Dokumentation erstellt werden. Ein erster Schritt hin zu einer solchen Dokumentation ist die konsequente Aufarbeitung aller Nennungen, um diesen optimale Lösungen oder Lösungsstrategien gegenüberzustellen.

Bevor wir jedoch in meinem nächsten Beitrag tiefer in mögliche Lösungen einsteigen, ist es unerlässlich, ein gemeinsames Verständnis zu den Methoden Verifikation und Validierung zu erlangen. Schauen wir uns also erst einmal an, was verifizieren und validieren bedeutet. Schließlich sind es auch Tätigkeiten, die ausgeführt werden müssen, um zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen.

Die Definition von Verifikation


Das Verb verifizieren setzt sich aus den beiden lateinischen Wörtern verus für wahr, richtig und facere für machen zusammen; im Italienischen bedeutet verificare deshalb auch überprüfen.

Bei Metecon interpretieren wir verifizieren folgendermaßen: durch Prüfen und Dokumentieren belegen, dass ein vorliegender Sachverhalt die dafür vereinbarten Anforderungen erfüllt. In der ISO 9001:2015 wird der Begriff Verifizierung wie folgt definiert: "Bestätigung durch Bereitstellung eines objektiven Nachweises, dass festgelegte Anforderungen erfüllt worden sind."

Verifikation ist die Bezeichnung der Methode über Verifizierung und bedeutet meist den gesamten Satz aller zu einem Produkt gehörenden Verifizierungen, einschließlich einer abschließenden Bestätigung.
In der italienischen Sprache, die heute noch nahe am lateinischen Ursprung ist, wird nicht zwischen Verifizierung und Verifikation unterschieden. Beide Begriffe werden mit verifica bezeichnet.

Weitere präzisierende Definitionen sind:
  • prüfen: "feststellen, inwieweit ein Prüfobjekt eine Forderung erfüllt" (ISO 1319),
  • objektiver Nachweis: "Daten, die die Existenz oder Wahrheit von etwas bestätigen" (ISO 9000:2015),
  • Anforderung: "Erfordernis oder Erwartung, das oder die festgelegt, üblicherweise vorausgesetzt oder verpflichtend ist" (ISO 9000:2015).

Ein Beispiel für Prüfen und Dokumentieren


Die Tätigkeiten beim Verifizieren sind Prüfen und Dokumentieren, ggf. auch im Sinne von Daten aufzeichnen. Lautet die spezifizierte Anforderung:

"Ein Roboter soll den Freiheitsgrad der Drehung um die eigene Achse haben",

kann ein Test klären, ob diese Anforderung erfüllt ist. Um die Erfüllung jedoch zu belegen (zu beweisen), wird ein objektiver Nachweis benötigt. Dies kann ein Testprotokoll in einem Detaillierungsgrad sein, dass der Test jederzeit mit dem gleichen Ergebnis wiederholt werden kann. Ein Testprotokoll, oder bei Inspektionen auch ein Inspektionsprotokoll, ist als objektiver Nachweis für jede Anforderung notwendig.

Viele Anforderungen werden in Normen festgelegt. Dort stehen häufig auch die Prüfungen und Inspektionen, mit denen diese Anforderungen überprüft werden können oder sogar überprüft werden müssen. Wurde das Produkt komplett erfolgreich gegen die Norm geprüft, und sind die Prüfungen und Inspektionen protokolliert, kann man auch sagen, dass das Produkt gegen die Norm verifiziert ist.

Kann jede Anforderung verifiziert werden?


Nein! Wenn zu einer Anforderung keine klaren Annahmekriterien bestehen, kann auch nicht verifiziert werden, denn dann ist nicht klar, wie die Anforderung sicher erfüllt werden kann. Das ist in unserem obigen Beispiel der Fall, denn was bedeutet "Drehung um die eigene Achse" genau? Es fehlen ggf. eine Zeichnung und konkrete Annahmekriterien wie z. B. "Drehung um +/- 361° mit einer Genauigkeit von +/- 0,5°" oder "freies Drehen ohne Begrenzung in beiden Richtungen".

Es gibt auch Anforderungen, die grundsätzlich nicht verifizierbar sind, da es bisher noch keine Technologien gibt, die dies ermöglichen:

Ein Beispiel aus der Medizintechnik:
Ist ein Produkt in seiner Verpackung steril oder nicht?
Lösung: Validierung eines Sterilprozesses.

Ein Beispiel aus dem Labor:
Ist der Transformator so vergossen, dass es keine Lufteinschlüsse gibt?
Lösung: Validierung eines Vakuum-Vergussprozesses.

An dieser Stelle wird bereits klar, dass eine Validierung dann zur Anwendung kommt, wenn eine Verifizierung nicht möglich ist.

Eine Verifizierung kann auch schiefgehen:
Was ist zu tun, wenn der Roboter sich nicht um die eigene Achse drehen kann?
Richtig: Das Pflichtenheft wurde nicht erfüllt und es gibt keine Freigabe des Designergebnisses.
Falsch: Die Drehung um die eigene Achse wird aus den Anforderungen gestrichen. :-)

Die Definition von Validierung


Dem Verb validieren liegt das lateinische Verb valere zugrunde, was so viel bedeutet wie Wert sein, einen Wert haben; im Italienischen meint convalidare daher für gültig erklären, beglaubigen, und valevole bedeutet gültig.

Metecon interpretiert validieren wie folgt: einen vorliegenden Sachverhalt begründet für gültig erklären, sodass eine Akzeptanz durch Dritte erfolgt. Und in der ISO 9001:2015 wird der Begriff Validierung definiert:
"Bestätigung durch Bereitstellung eines objektiven Nachweises, dass die Anforderungen für einen spezifischen beabsichtigten Gebrauch oder eine spezifische beabsichtigte Anwendung erfüllt worden sind."

Definition von Validierung nach ISO 9001:2015 verwirrt


An dieser Stelle müssen wir einen Diskurs über die Definition von Validierung in der ISO 9001:2015 führen. Warum? Weil die Definition von Validierung leider unglücklich gewählt wurde und erfahrungsgemäß in der Praxis eher zur Verwirrung als zur Klärung beiträgt. Erläutern wir das an der Gegenüberstellung der Definitionen Verifizierung gegen Validierung, und halten wir uns dabei bewusst, dass es sich bei der ISO 9001 nicht um die Managementsystemnorm für Medizinprodukte handelt. Die ISO 13485 für Hersteller von Medizinprodukten stellt hier leider keine Definitionen bereit.

Wie wir in der folgenden Tabelle sehen, wurde in der ISO 9001:2015 versucht, die Definitionen von Verifizierung und Validierung möglichst gleich zu strukturieren. Leider ist bei der strukturellen Angleichung über den Begriff "Bestätigung" der eigentliche Charakter der Validierung verloren gegangen und die Validierung wird hier nun als eine Art Sonderform der Verifizierung vorgestellt. Dies deutet darauf hin, dass das Normengremium keinen Konsens zur Begrifflichkeit der Validierung erreichen konnte.

Die Etymologie und Bedeutung der Verben verifizieren und validieren wurde hier komplett außer Acht gelassen – mit dem Ergebnis, dass die Begriffsverwirrung um den Validierungsbegriff noch verstärkt wird, denn in die Definition von Validierung kann man nun sowohl ein richtiges als auch ein falsches Verständnis hineininterpretieren.

Ein falsches Verständnis von Validierung ist, die Validierung als Sonderform der Verifizierung aufzufassen.
Das richtige Verständnis von Validierung ist eine begründete Beurteilung, inwieweit ein Sachverhalt eine Anforderung erfüllt.

Die Definition von Validierung aus ISO 9001:2015 führt mitunter dazu, dass Funktionstests eines Gerätes als Validierung des Gerätes aufgefasst werden, obwohl damit nicht klar ist, ob der Anwender mit dem Gerät seinen beabsichtigten Zweck erreichen kann.

Für größere Ansicht Grafik anklicken


Tabelle 2: Vergleich Definitionen "Verifizierung" gegen "Validierung" nach ISO 9001:2015


Validierung: Was ist zu tun, um die Anforderung zu erfüllen?


Kommen wir zurück zur Begriffsdefinition von Validierung und gehen von folgender Anforderung aus: "Ich möchte einen Kaffee, der gut schmeckt."

Damit ein Kaffee gut schmecken kann, muss er auf jeden Fall einen Geschmack haben. Dies kann man verifizieren, denn es ist bekannt, welche chemischen Substanzen von Geschmacksrezeptoren identifiziert werden, und diese Substanzen kann man über Tests im Kaffee nachweisen. Es ist jedoch nicht bekannt, welche Kombination von Substanzen allgemein als gut schmeckender Kaffee bezeichnet werden. Also können wir "Der Kaffee schmeckt gut!" nicht verifizieren. Könnte man dennoch behaupten, dass der Kaffee gut schmeckt und damit die Anforderung "Der Kaffee schmeckt gut!" erfüllen? Was ist dafür zu tun?

Genau über diese Frage kommt man zur Antwort: Was ist zu tun, damit man den Empfänger des Kaffees überzeugen kann, dass der Kaffee gut schmeckt, bevor er ihn persönlich geschmacklich getestet hat?
Es muss analysiert, getestet, dokumentiert, bewertet und beurteilt werden. Es muss validiert werden.
Beim Validieren entstehen objektive Nachweise, welche zur Bewertung und Beurteilung und damit zur Begründung herangezogen werden. Solche Nachweise können Studienergebnisse über das Geschmacksempfinden sein oder chemische Analysen, die bestätigen, dass die Inhaltsstoffe vergleichbar mit bereits validiertem Kaffeegeschmack sind.

Ein wesentlicher Aspekt beim Validieren ist, dass Dritte die Gültigkeit einer Aussage akzeptieren können. Es ist also mitunter notwendig, auch die Befugnis, die Rolle, die Kompetenz und die Erfahrung der validierenden Person zu dokumentieren, um Akzeptanz bezüglich der dokumentierten Bewertung und Beurteilung zu erreichen. Oder könnte jede Person für eine akzeptierbare klinische Bewertung zeichnen?

Validieren bedeutet also, dass man
  • objektive Nachweise sammelt,
  • diese in einer Erörterung bezüglich eines Sachverhalts analysiert und bewertet und dann
  • auf Basis eigener, nachgewiesener Kompetenz und Erfahrung beurteilt und damit für gültig erklärt.
Der Kaffee schmeckt gut! – gemäß der vorliegenden Validierung.

Wenn Sie Fragen zum Beitrag oder zu einem anderen Thema auf dem Feld der Verifikation und Validierung haben, freue ich mich, wenn Sie Kontakt zu mir aufnehmen. Dieses Angebot ist kostenlos und unverbindlich.

Nächstes Mal steigen wir dann tiefer in mögliche Lösungen ein, damit Sie zukünftig effizienter zertifizierungs- oder zulassungsfähige Dokumentationen erstellen können.

Herzliche Grüße und bis bald!

Dieser Beitrag stammt ursprünglich von Wilfried Babelotzky. Fragen zum Artikel oder darüber hinaus beantworten wir Ihnen jederzeit gern.
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