Biologische Beurteilung aus der Sicht der klinischen Bewertung gemäß der MDR

18.12.2023
Textbild von Biologische Beurteilung aus der Sicht der klinischen Bewertung gemäß der MDR-EN- Metecon GmbH
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Die klinische Bewertung eines Medizinprodukts ist ein wesentlicher Teil der Technischen Dokumentation und bewertet die Konformität mit den Allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen aus Anhang I der Medical Device Regulation (EU) 2017/745 (MDR) der Europäischen Union. Dabei muss die klinische Bewertung nach einem genau definierten und methodisch fundierten Verfahren erfolgen und eine kritische Analyse aller verfügbaren klinischen und nichtklinischen Daten enthalten.

Die klinische Bewertung

Die Identifikation und die genaue Beschreibung der zu bewertenden Medizinprodukte und deren klinischer Anwendung findet sich am Anfang eines jeden klinischen Bewertungsplans (Clinical Evaluation Plan/CEP) und im dazugehörigen klinischen Bewertungsbericht (Clinical Evaluation Report/CER). Diese ersten Abschnitte beinhalten den genauen Umfang des Dokuments in Bezug auf die abgedeckten Produkte und erklären die Zusammensetzung (Aufbau) sowie die Besonderheiten der Anwendung der zu bewertenden Medizinprodukte.

Der Ausgangspunkt für die biologische Beurteilung

Gemäß Punkt 1.1k) in Anhang II der MDR gehört die Auflistung der Stoffe, die direkt oder indirekt mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen, ebenfalls zur Produktbeschreibung. Diese werden zusammen mit der jeweiligen Gewebeart und der Kontaktdauer und -art in den ersten Kapiteln des klinischen Bewertungsplans aufgeführt. Diese Information dient unter anderem als Ausgangspunkt für die Strategie der biologischen Beurteilung, die im biologischen Bewertungsplan festgelegt wird.

Die Inhaltsstoffe des Medizinprodukts werden mit der Liste der für eine Zulassung in Frage kommenden besonders besorgniserregenden Stoffe gemäß REACH-Verordnung (SVHC-Liste) abgeglichen und auf Unbedenklichkeit der Anwendung für medizinische Zwecke bei der Materialcharakterisierung geprüft. Anhang A der ISO 10993-1 (aktuell EN ISO 10993-1:2020) legt fest, dass physikalische und/oder chemische Informationen zu Grundbedingungen für eine Risikobewertung erforderlich sind. Das Kontaktgewebe sowie die Dauer des Kontakts entscheiden dabei, welche Endpunkte gemäß Tabelle A.1 des Anhangs betrachtet werden müssen, um die biologische Sicherheit nachzuweisen

Diese Information ist maßgeblich für den risikobasierten Ansatz, mit dem die Bewertungsroute sowie das erforderliche Level der klinischen Evidenz ("Level of clinical evidence") ermittelt werden können. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die Schnittstellen zum Risikomanagement nach ISO 14971 (aktuell EN ISO 14971:2019+A11:2021).

Somit können alle für die Produktbeschreibungen erforderlichen Informationen bezüglich der Kontaktmaterialien aus dem ebenfalls zu erstellenden biologischen Bewertungsplan übernommen werden. Dabei ist ein referenziertes Übertragen besser als ein einfaches Verweisen, da so alle Informationen, die das Medizinprodukt beschreiben, in einem Dokument zu finden sind.

Nachdem die zu bewertenden Produkte eindeutig identifiziert und beschrieben wurden, folgt im klinischen Bewertungsplan der Abschnitt, in dem die Bewertung selbst geplant wird. Gemäß der Allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderung 8 aus Anhang I der MDR muss ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachgewiesen werden, indem alle bekannten und vorhersehbaren Risiken und Nebenwirkungen gegen den innerhalb der Zweckbestimmung vorgesehenen klinischen Nutzen abgewogen werden.

Die Biokompatibilität

Bei allen Medizinprodukten, die für einen direkten Kontakt mit dem menschlichen Körper vorgesehen sind, ist der Nachweis über die Biokompatibilität der Inhaltsstoffe bzw. verwendeten Materialien unabdingbar. Die Tests geben, wie von Anhang A der ISO 10993-1 gefordert, Aufschluss u.a. über eine mögliche Zelltoxizität, das Irritations- und Sensibilisierungspotenzial, die systemische und chronische Toxizität sowie über die Unbedenklichkeit der sich während der klinischen Anwendung herauslösenden Stoffe oder Partikel. Die Betrachtung und Bewertung der relevanten Endpunkte bilden eine Grundlage für weitere Überlegungen bezüglich möglicher unerwünschter Körperreaktionen in der klinischen Bewertung. So lassen sich unter anderem potenzielle materialvermittelte allergische Reaktionen, Überempfindlichkeiten, Hautirritationen und weitere verbundene Risiken adressieren.

Biologische Bewertung aus einem Guss

Dabei ist aus der Sicht der Ersteller der klinischen Bewertung die Dokumentation der biologischen Beurteilung in Form eines biologischen Bewertungsplans und des dazugehörigen Berichts für die zu bewertende Produktgruppe deutlich einfacher zu handhaben als eine Sammlung von einzelnen Berichten gemäß den verschiedenen Teilen der ISO 10993, besonders wenn es sich um eine heterogene Produktgruppe handelt.

Der Vorteil eines korrekt erstellten biologischen Bewertungsplans liegt nicht nur darin, dass man alles Nötige in einem Dokument findet, sondern auch darin, dass bei der Erstellung dieses Plans klar dargestellt wird, welche Tests erforderlich sind, und welche die aktuellen Fassungen der anzuwendenden Normen sind. Diese Fragen einzeln für jedes Produkt zu beantworten, wenn eine Vielzahl verschiedener Testberichte vorliegt, ist ein großer Aufwand und kann die Kompetenz der Ersteller der klinischen Bewertung übersteigen.

Biologische Bewertung und Äquivalenz von Medizinprodukten

Ein weiterer Teil der klinischen Bewertung, in dem die Daten aus der biologischen Bewertung relevant sind, ist der Vergleich der biologischen Charakteristiken zum Nachweis der Äquivalenz zwischen zwei Medizinprodukten.

Die relevanten biologischen Charakteristika für eine Äquivalenz sind spezifiziert in der MDCG 2020-5:
  • dieselben Materialien oder Stoffe in Kontakt mit demselben menschlichen Gewebe oder Körperflüssigkeiten
  • ähnliche Art und Dauer des Kontakts
  • ähnliche Freisetzungseigenschaften von Stoffen, einschließlich Abbauprodukten und auslaugbaren Stoffen
Diese Informationen sind der entsprechenden Dokumentation zur biologischen Sicherheit der zu vergleichenden Medizinprodukte zu entnehmen.

Fazit

Oben sind die Schnittstellen der biologischen und klinischen Bewertung dargestellt. Es ist daraus ersichtlich, wie eng diese miteinander verknüpft sind. In der Praxis lässt sich nochmal verdeutlichen: die biologische Bewertung ist stets vor Beginn der Erstellung der klinischen Bewertung abzuschließen. Wenn diese Reihenfolge nicht eingehalten wird, kann dies zu unnötigem Aufwand führen, z.B. wenn die biologische Bewertung offensichtliche Sicherheitslücken der verwendeten Stoffe aufdeckt.

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Oleg Repp
Oleg Repp
Medical Device Expert
Clinical Affairs & PMCF
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